Über mich
Schon in meiner Kindheit war ich fasziniert von Musik. Ich durchstöberte die Plattensammlungen meiner Familie und Freunde, hörte die Alben rauf und runter und studierte dabei jedes Detail: die Credits, die Cover, die Fotos, das Label. Mich interessierte alles – von den eingespielten Instrumenten bis hin zu den kreativen Köpfen hinter der Musik.
Mit neun Jahren begann ich Klavier zu spielen. Allerdings hatte ich nicht das nötige Sitzfleisch, also wechselte ich im alter von 12 Jahren vom Klavier zum Turntable. Als DJ legte ich zu Hause meine Platten auf und lernte autodidaktisch das Scratchen und die Kunst der nahtlosen Übergänge zwischen den Tracks. Innerhalb kurzer Zeit hatte ich große Fortschritte, dies sprach sich schnell in der Schule und im Freundeskreis rum. So erhielt ich im Laufe der Zeit, regelmäßig Mixtape Aufträge, die ich auf Kassette Aufnahm und für zehn Mark verkaufte. In dieser Zeit, habe ich beschlossen, eines Tages selber Musikproduzent zu werden.
Der Traum von Musik machen, sollte noch etwas auf sich warten lassen. Im Alter von 17 Jahren, ereignete sich ein tragischer Unfall, bei dem ich mein Genick brach. Daraufhin verbrachte ich über zwei Jahre in Rehakliniken. Damals war ich vollkommen regungslos. Nach der Reha Zeit ging es endlich nach Hause, um mich herum wurde es immer stiller und stiller, die Besucher verschwanden. Freunde gingen ihre Wege. Meine Reha und die folgenden Behandlungen hatten alle finanziellen Mittel meiner Eltern verbraucht. Mein Vater ging auf Montage, um uns zu finanzieren. Meine Mutter blieb an meiner Seite, um meine Alltagsbewältigung zu ermöglichen. Ohne jegliche Ausbildung oder Abschluss, waren meine Aussichten schlecht. Mir war bewusst, dass ich unmenschliches leisten musste, um aus dieser Situation ausbrechen zu können. Daraufhin habe ich mich weitere vier Jahre isoliert. Diesmal aber aus eigener Entscheidung. In dem Alter geht man normalerweise feiern und stellt jede Menge Blödsinn an. Für mich gab es keine Wochenenden oder Feiertage, es gab keinen einzigen Tag, an dem ich nicht an meiner physischen und geistigen Entwicklung gearbeitet habe. Während andere ihre Jugend ausleben konnten, habe ich die folgenden vier Jahre, meist von morgens bis in die Nacht Musikproduktion und Komposition studiert. Wenn ich vor Schmerzen nicht mehr sitzen konnte, habe ich jede Gelegenheit genutzt, meine Physiotherapeutischen Übungen zu machen. Mein großes Ziel, wieder einmal laufen zu können, habe ich dabei nie aus den Augen verloren. Mit der Zeit habe ich meine Arme immer besser bewegen können, so konnte ich Geräte, die für die Musikproduktion notwendig waren, mit meinen Händen bedienen.
Diese Bemühungen wurden belohnt, 2004 entstand mit dem Frankfurter Rapper Azad mein erster Song Phoenix, der auf Anhieb ein Hit wurde. Der Song wurde auf Viva und MTV auf Heavy Rotation gespielt. Daraufhin erhielt ich beim damaligen weltweit größten Musik Verlag, Emi Music Publishing einen Autoren Vertrag. Phönix, bedeutete noch nicht meine finanzielle Unabhängigkeit, allerdings bewirkte der Erfolg des Songs nach sieben Jahren, meine Rückkehr in ein soziales Leben.
Im Laufe der Zeit entstanden viele Werke, Millionen von Verkäufen und zahlreiche Gold- und Platin-Auszeichnungen. Während meiner langjährigen Erfahrung als Musikproduzent verfolgte ich mit Begeisterung die Arbeit von Videografen, die Videos zu meiner Musik produzierten. Die Videografie wurde immer präsenter in meinem Leben, und 2019 begann ich schließlich, meine eigenen Videos zu produzieren. Heute vereine ich beide Bereiche, Video und Musikproduktion.
Deutschlands größte Experten diagnostizierten, dass ich niemals auch nur einen Finger rühren würde. In den vielen Jahre wurden etliche Therapiemethoden angewandt, beispielsweise. Bobath, Vojta, Kinesi, Klassische Krankengymnastik, Ergo, Yoga (Kapalabhati Pranayama), Akupressur, Akupunktur, Chiropraktik, Osteopathie, Massagen aller Art, Unterwassertherapie, Magnetfeldtherapie, EMS Strom, diverse Elektrobehandlungen und nicht zu schweigen von den alternativen und experimentellen Behandlungs-möglichkeiten. Im Laufe der Zeit entnahm ich aus den zahlreichen Behandlungsmethoden, das, was mich am meisten voran brachte und baute es in meinen Alltag ein.
Die Physiotherapie beziehungsweise das tagtägliche trainieren wurde für mich so selbstverständlich wie essen oder schlafen. Mehr als das! Die physischen und geistigen Herausforderungen, denen ich mich stellte, waren meine Leidenschaft.
Milan Martelli beim auflegen mit Freund Sami Bohsali / 1996
Milan Martelli & Xavier Naidoo / 2010
Milan Martelli & Azad / 2008
Milan Martelli im Home Studio, am produzieren / 2002
Milan Martelli, 3 Monate nach Unfall (Geburtstagsfeier) 1997
Mit eiserner Disziplin verging kein Tag, den ich nicht meinem Körper und Geist widmete. Dies ermöglichte mir, Nach über 15 Jahren meine ersten eigenständigen Schritte machen zu können. Nach über 17 Jahren war es mir möglich, ohne jegliche Fremdeinwirkung oder Hilfsmittel 10 Minuten am Stück alleine zu laufen. Dass es 17 Jahre nach meinem Unfall solche Fortschritte gab, war extrem ungewöhnlich. Meine Ärzte bestätigten uns, dass sie solch einen Fortschritt, nach so einer langen Zeit, nicht erlebt haben. Ich selber habe es bei anderen querschnittsgelähmten auf diese Weise nicht erlebt. Also dokumentieren meine Familie Freunde und ich diese Fortschritte. Aus diesen Aufnahmen kreierte ich einen Kurzfilm „The Promise“.
Ich bin kein Motivations-Coach, mein Leben ist auch kein Marketinginstrument. Ich bin ein Querschnitts-gelähmter, der die ganzen Jahre wie ein Tagebuch in sich trägt. Ich sehe es als Pflicht, über meinen Werdegang zu schreiben und ihn auch zu dokumentieren. Auf diese Weise kann ich meine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen. Darüber hinaus bin ich mir sicher, dass anderen Betroffenen in einer schweren Situation diese Worte Hoffnung und Mut spenden können. Mein Werdegang nicht zu erzählen, wäre ein Fehler, er zeigt, dass egal wie schlimm und trostlos die Aussichten sind, wir viel mehr beeinflussen können, als uns bewusst ist.
Video & Musik produziert von Milan Martelli